Allgemeines zum Thema Zoonosen

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Krankheiten, die vom Tier auf den Menschen übertragen werden, bezeichnet man als Zoonosen. Die Übertragung erfolgt beim direkten Kontakt mit Tieren oder durch den Konsum von Lebensmitteln tierischer Herkunft. Insgesamt kennt man weltweit etwa 200 solcher Krankheiten mit ganz unterschiedlichem Charakter wie Milzbrand, Borreliose, Malaria, SARS, Laus- und Flohbefall, Salmonellose, Rinderbandwurm, Fischbandwurm etc. Hier geht es um die Zoonosen, die in engem Zusammenhang mit dem Fleischverzehr und der Nutztierhaltung stehen.


Der globale Klimawandel hat eine Vergrößerung des Verbreitungsgebiets von Stechmücken zur Folge, deshalb sind tropische Infektionskrankheiten wie Denguefieber und Gelbfieber derzeit stark im Zunehmen begriffen. An der Veränderung des Klimas hat die moderne Massentierhaltung einen wesentlichen Anteil. Noch Ende der 60er Jahre wurden recht großspurige Prognosen formuliert, dass das Zeitalter der Infektionserkrankungen bald vorbei sein werde. Wie jedoch die Jahresberichte der WHO zeigen, nehmen Infektionskrankheiten stark zu. Momentan sterben pro Jahr etwa 2,4 Mio. Menschen an Durchfallerkrankungen, vor allem Kinder; die Immunschwächekrankheit AIDS fordert pro Jahr 2,3 Mio. Opfer; jährlich erkranken mehr als 300 Mio. Menschen an Malaria.

Die häufigsten Zoonosen in Deutschland sind Infektionen mit Salmonellen und Campylobacter-Bakterien. Man kann davon ausgehen, dass lediglich 10 – 20 % der meldepflichtigen Salmonellen- und Campylobacter-Infektionen auch tatsächlich amtlich registriert werden.

Von den etwa 2000 bekannten Salmonellenarten sind rund 120 in der Lage, beim Menschen Infektionskrankheiten hervorzurufen. Das Spektrum der Symptome (meist Bauchschmerzen, Durchfall, Fieber und Erbrechen) kann von leicht bis schwer reichen. Bei Säuglingen oder Kleinkindern, alten oder kranken Menschen und bei Schwangeren kann eine Salmonelleninfektion u.U. sogar höchst gefährlich sein. Es ist auch möglich, dass sich keine Krankheitssymptome zeigen, obwohl Salmonellen im Darm vorhanden sind und mit dem Stuhl ausgeschieden werden.

Ca. 60 Prozent aller Salmonellen-Infektionen des Menschen werden in Deutschland durch Eier, Eiprodukte und Geflügelfleisch und 20 % durch Schweinefleisch und Schweinefleischprodukte hervorgerufen.

Die Bakterien der Gattung Campylobacter wurden erstmals in den 70er Jahren als ernstzunehmende Keime im Lebensmittelbereich entdeckt. Man kann heute davon ausgehen, dass sie wahrscheinlich für doppelt so viele Magen-Darm-Infektionen verantwortlich sind als die Salmonellen. Campylobacter jejuni kommen in unzureichend erhitztem Schlachtgeflügel, im Fleisch von Rind, Schaf und Schwein und vor allem in rohem Hackfleisch vor. Sie verursachen Darmentzündungen, die meist mit wässrigem Durchfall einhergehen. Betroffen sind vor allem Kinder unter 6 Jahren und Erwachsene zwischen 18 und 35 Jahren.  Eine Campylobacter-Infektion kann auch nach Abheilung der Darmentzündung zu ernsthaften Späterkrankungen führen, z.B. zu Gelenkentzündung, aufsteigender Lähmung etc.

In den letzten Jahren haben auch die Colibakterien vermehrt für öffentliches Interesse gesorgt. Bakterien der Gattung Escherichia coli sind meist harmlose Darmbewohner von Mensch und Tier und so genannte Indikatorkeime für Fäkalverunreinigungen. Inzwischen gibt es viele hochgefährliche Varianten der Colibakterien, die auch in der Lage sind, Gifte zu bilden: Die enteropathischen, enterotoxischen und enteroinvasiven Colibakterien rufen Darmentzündungen hervor. Besonders gefährlich sind die enterohämorrhagischen Escherichia coli (EHEC), die beim immungeschwächten Patienten zu schweren Nierenschäden und zur Zerstörung der roten Blutkörperchen führen können. Als weitere Komplikationen können Schäden an Hirn, Herz und Bauchspeicheldrüse auftreten. Die EHEC-Bakterien bilden ein Gift, das als „Shiga-Toxin“ (STX) bezeichnet wird.

Der EHEC-Erreger ist weltweit verbreitet; aktuell dürften 60 – 70 % der Schlachtrinder EHEC-positiv sein. Betroffen sind vor allem auch Milchbetriebe. Die EHEC-Erreger haben ihr Resovoir im Verdauungstrakt von Rindern. Die STX-Toxine nutzen beim Menschen einen Rezeptor auf der Darm- oder Nierenzelle, mit dessen Hilfe sie in die menschlichen Zellen gelangen. Gerade dieser Rezeptor fehlt jedoch den Rinderzellen, was ein Grund dafür ist, dass sich EHEC-Bakterien in großer Zahl im Darm der Rinder aufhalten können, ohne eine Infektion auszulösen.

Als Hauptinfektionsquelle für den Menschen gelten ungenügend erhitztes Rindfleisch sowie Rohmilch von Rindern und Ziegen. Die EHEC-Stämme sind hoch virulent, d.h. es können bereits 10 Keime für eine Infektion ausreichen.

In den USA haben verschiedene Untersuchungen gezeigt, dass ein Großteil der antibiotikaresistenten Harnwegsinfektionen bei Frauen durch einen einzigen Colistamm, der durch den Verzehr von Rindfleisch übertragen wurde und wird, hervorgerufen werden.

Eine weitere Gattung von Bakterien, die bei immungeschwächten Menschen zu Infektionen führen können, sind die Listerien. Vor allem Rohmilchprodukte und rohe Fleischprodukte wie Rohwürste etc. können Listerien enthalten. Es kommt zu grippeähnlichen Symptomen wie Fieber, Muskelschmerzen, Erbrechen, Durchfall.

Inzwischen mehren sich die Hinweise, dass der Morbus Crohn durch das Mycobacterium paratuberculosis verursacht wird. Dieses Bakterium verursacht bei Rindern, Schafen und Ziegen eine Darmerkrankung, die so genannte Johnesche Krankheit, bekannt auch als Paratuberkulose. Im September 2004 wurde in der renommierten medizinischen Fachzeitung „The Lancet“ eine Studie der University of Central Florida publiziert, die erhebliches Aufsehen erregte:

Bei Patienten mit Morbus Crohn konnte in 50 Prozent der Fälle das lebende Mycobacterium im Blut nachgewiesen werden, was natürlich den Verdacht nahe legt, dass Morbus Crohn durch dieses Bakterium verursacht oder zumindest mitverursacht wird. In einer weiteren großen Studie soll jetzt diese Frage weiter geklärt werden.

Der Verzehr von rohem oder halbgegartem Fleisch ist die wichtigste Infektionsquelle für Toxoplasmen, einzellige Parasiten, die den Menschen als Zwischenwirt benutzen. Bei der latenten chronischen Form der Toxoplasmose sind die Erreger als Zysten im Gehirn nachweisbar. Umfangreiche Untersuchungen, von Parasitologen der Prager Karls-Universität haben ergeben, dass in Abhängigkeit des Toxoplasmose-Titers erhebliche psychische Veränderungen auftreten können, z.B. erhöhte Risikobereitschaft, Aggressivität, verminderte Lernfähigkeit, vermindertes Reaktionsvermögen etc.

Ein besonderes Gefahrenpotential für den Menschen stellen die Viren da, die vom Tierreservoir auf den Menschen übergegangen sind: das HIV-Aids, das SARS-Corona-Virus und das Geflügelpestvirus H5N1.  Besonders die Vogelgrippe bereitet den Infektionsepidemiologen erhebliches Kopfzerbrechen. WHO-Experten halten dieses Virus für sehr gefährlich, weil es sich genetisch sehr schnell verändern und Gene anderer Erreger in sein Erbgut aufnehmen kann. Eine große Gefahr sehen Fachleute darin, dass der Mensch zum „Virusmischer“ wird. Das H5N1-Virus könnte z.B. Gene eines menschlichen Grippevirus übernehmen und somit von Mensch zu Mensch springen. Das wäre sozusagen der Supergau durch ein neues Supervirus.

Eine solche „Gendrift“ entsteht oft auch in Schweinezellen, in denen Viren vom Schwein, von Vögeln und von Menschen ihre Gene vermischen und von denen aus diese neuen gefährlichen Varianten dann zurück auf den Menschen übertragen werden.

Während eines Jahrhunderts kommt es etwa drei- bis viermal zu einer großen Grippe-Epidemie. In den Jahren 1918/1919 starben 40 bis 50 Millionen Menschen, 1957/1958 und 1968/1969 folgten weitere Massenerkrankungen. Wann eine neue Epidemie kommt, lässt sich nicht vorhersagen. In einem amerikanischen Hochsicherheitslabor wird derzeit untersucht, inwieweit das Vogelgrippevirus mit menschlichen Grippeviren hybridisieren kann, d.h. vereinfacht ausgedrückt, ob aus dieser „Kreuzung“ eine neue Virusart entstehen kann.